Zweite Bauphase

Alte Rotwegsiedlung

Die Errichtung der alten Rotwegsiedlung erfolgte in den Jahren 1938 bis 1940. Sie stellt die zweite Phase der Bebauung des späteren Stadtteiles Rot dar. 

Das Siedlungsgelände schließt sich in östlicher Richtung unmittelbar an die Malbergsiedlung an. Es nimmt nicht Wunder, wenn als Träger des Siedlungsvorhabens die städtische Stuttgarter Siedlungsgesellschaft auftrat. Erstellt werden sollten 32 Einfamiliendoppelhäuser vom Typ A, 36 vom Typ B, 26 freistehende Einfamilienhäuser vom Typ C sowie sieben Doppelhäuser mit Einliegerwohnung vom Typ D. Die insgesamt 101 Eigenheime, zu denen jeweils ein stattliches fünfhundert Quadratmeter 
großes Gartengrundstück gehörte, wurden in rascher Folge gebaut. 

In den “Allgemeinen Richtlinien für die Kleineigenheime am Rotweg im Stadtteil Zuffenhausen vom Februar 1938”, die der Bauträger aufstellte, konnte man annehmen, dass zwar nicht ausschließlich, aber doch zu einem erheblichen Teil Angehörige der SS und andere NS-Parteigliederungen sowie der Gestapo bei der Vergabe der Eigenheime zum Zuge kamen. Fest steht, dass das Siedlungsvorhaben insgesamt von Seiten der örtlichen SS vorangetrieben und trotz der allgemeinen Kriegsvorbereitungen 
und der dadurch gebundenen Mittel zur Durchführung gebracht wurde.

Bereits die Benennung der Straßen der neu errichteten Siedlung kann einen Hinweis auf die Hintergründe geben. So hieß die heutige Löwensteiner Straße damals König-Heinrich-Straße, “nach König Heinrich I. (876 bis 936), dem eigentlichen Begründer des Deutschen Reiches”; die heutige Gemmrigheimer Straße hieß Otto-Planetta-Weg, “nach dem ostmärkischen Freiheitskämpfer Planetta (+ 1934)”; der heutige Völterweg trug den Namen Franz-Holzweber-Weg “nach dem ostmärkischen Freiheitskämpfer Franz Holzweber (+ 1934)”; die heutige Talheimer Straße hieß Wilhelm-Neth-Weg nach dem “oberschwäbischen HJ-Führer Wilhelm Neth (+ 1933)”. Der heutige Franckeweg schließlich trug die Bezeichnung Adolf-Kling-Weg nach dem um den “Aufbau der NSV (nationalsozialistische Volkswohlfahrt) in Württemberg verdienten Gauleiter der NSV Adolf Kling”. In einem Schreiben des Arbeitsamtes Stuttgart von 1937 wird die Bezeichnung “Eigenheimsiedlung für Schutzstaffelmänner und alte Parteigenossen in Zuffenhausen, Am Rotweg” gebraucht.
Heute wird nur noch von wenigen älteren Mitbürgen die Siedlung entsprechend dem damaligen Sprachgebrauch als “SS-Siedlung” bezeichnet. Und dieser Begriff ist heute auch in keinster Weise mehr gerechtfertigt. Heute sind mehr als 50 Jahre nach der unsäglichen NS-Zeit vergangen. Die damaligen Besitzer sind verstorben oder im betagten Lebensalter. Eine junge Nachkriegsgeneration hat die Wohngegend übernommen. 
Die alte Rotwegsiedlung hat sich durch das große Engagement der heutigen Besitzer zu einen Kleinod mit höchster Wohnqualität entwickelt. Alle Häuser wurden liebevoll restauriert, oftmals vergrößert, die Gärten befinden sich in einem sehr gepflegten Zustand. Die heutigen Besitzer sind um Ihr Eigentum zu bewundern. Und wenn, was selten vorkommt, ein Haus zum Verkauf ansteht, so werden Spitzenpreise erzielt. Das ganze Gebiet ist verkehrsberuhigt, ein schöner alter Baumbestand trägt weiter zur 
“parkähnlichen” Ausstrahlung der Siedlung bei. In letzter Zeit ist auch ein verstärkter Zuzug von jungen Familien zu beobachten. 

Quellewww.stuttgart-rot.de, eine private, nichtkommerzielle und unabhängige Internetpräsentation.

Mit freundlicher Genehmigung der Autoren Rainer und Renate Fiechtner